
(c) Polar Verlag
Was für ein Buch, bin gerade noch etwas überwältigt von diesem Ende! Puh.
Auf den Titel gestoßen bin ich durch einen Post auf CrimeNoir, der ausdrücklich zum Lesen von Country-Noir-Titeln aufruft, da hier sehr gut eben diese Bevölkerungsschichten porträtiert werden, die letztlich Mister Trump zum neuen Präsidenten der USA gewählt haben – die abgehängten, verarmten ländlichen Schichten, die sich von den Politeliten in Washington nicht mehr vertreten sehen.
Genau so einer ist John Moon, der auf dem kläglichen Rest der Familienfarm in einem Trailer wohnt. Die Farm hat der Vater an die Bank verloren, in seinem Elternhaus wohnt jetzt der neue Eigentümer, dem er ab und an zur Hand geht.
Kürzlich hat ihn seine Frau verlassen, da sie hier keine Zukunft für sich und das gemeinsame Kind mehr sah. Da John es in keinem Job lange aushält, versucht er sich mit Wilderei über Wasser zu halten, um so zumindest einen kleinen Beitrag zum Unterhalt von Frau und Kind zu leisten.
Auf einem seiner Jagdausflüge in das nahe gelegene Naturschutzgebiet unterläuft ihm ein schwerwiegender Fehler: auf der Pirsch einem bereits verwundeten Hirsch hinterher will er den Streckschuss anbringen, erschießt stattdessen versehentlich ein junges Mädchen, das in einem versteckten Camp im Wald lebt. Ein Unfall, den er teuer bezahlen soll.
Bei dem Mädchen findet er eine große Menge Geld, wodurch ihm eigentlich klar sein sollte, das hier mehr dahinter steckt, als eine einfache Ausreißerin. Dennoch lässt sich John vom ewigen Versprechen des Geldes blenden und nimmt es an sich. Eine folgenschwere Entscheidung, denn schon bald soll ihm sein bescheidenes Leben in der Grauzone zwischen Legalität und Illegalität gehörig um die Ohren fliegen, denn die Eigentümer des Geldes machen bald schon regelrecht Jagd auf ihn. Zur Polizei zu gehen, kommt für ihn nicht in Frage, hat er doch bereits mehrere Vorstrafen für seine Wilderei auf dem Kerbholz.
Und auch bei anderen werden plötzlich düstere Geheimnisse ans Licht gespült, so bei Johns Freund und Vaterersatz Simon, den er nicht so gut zu kennen scheint, wie er sein Leben lang dachte. Ebenso steckt hinter seinem Scheidungsanwalt doch mehr als die etwas lächerliche Fassade.
Es entwickelt sich eine Spirale von Fehlentscheidungen und Missgeschicken, man möchte John alle 10 Seiten zur Vernunft rufen, doch er reitet sich mit jeder seiner Entscheidungen immer tiefer in den Dreck in dem er bald zu versinken droht, wie die Kuh in einer Symbolszene in der Mitte des Buches, die er gemeinsam mit dem neuen Eigentümer der Farm aus einer aufgeweichten Wiese befreit, in der sie bereits bis zum Hals versunken ist.
Bezeichnend, dass ihm jener hier einen Job anbietet, ein festes sicheres Einkommen mittels einer Arbeit, die er kann und liebt. Doch siegt auch hier die Unvernunft, kann er seinen Stolz nicht besiegen. Auf der ‚eigenen‘ Farm für jemanden gegen Sold arbeiten, wenn das alles doch eigentlich ihm gehören sollte…
Die Kuh wird gerettet, John sinkt weiter und weiter in seinen Sumpf aus Eitelkeit, Stumpfheit und Unglück, ein Teufelsstrudel des Verderbens.
Dass das Buch bereits vor zwanzig Jahren im Original erschienen ist, schadet in keiner Weise der Aktualität. Im Gegensatz kann man daran deutlich sehen, dass das Problem verarmter abgehängter Landstriche kein neues ist, sondern sich lange lange angekündigt hat. Ja wenn man Daniel Woodrell ließt, kann man die Wurzeln schon auf die Great Depression am Anfang des letzten Jahrhunderts zurückverfolgen.
Zum Schluß noch ein Kompliment an den Polar Verlag für die grandiosen Buchcover. Obwohl dies hier erst mein erstes Buch von euch ist, bin ich großer Fan eurer Covergestaltung!
ISBN 9783945133392
eISBN 9783945133408
Erschienen im Polar Verlag, Juli 2016
Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt von Robert Brack
Originaltitel: A single shot
272 Seiten, Klappenbroschur